
In Marketing Abteilungen wird heute viel & gerne über „Customer Experience Management“ geredet. In der Luxushotellerie verliert man nicht viele Worte darüber, Kundenerlebnismanagement wird dort seit Jahren eingesetzt und von jedem Mitarbeiter gelebt.
Es war 1994. Ich war 20 Jahre alt und machte ein vierwöchiges Praktikum im legendären Hotel Schloss Fuschl in Hof bei Salzburg. Die 110 Zimmer & Suiten liegen im Herzen des Salzkammerguts am smargdgrünen Fuschlsee. Wegen der traumhaften Lage drehte dort Romy Schneider Teile der Sissi-Filme.
Grüne Dirndl und der Gast ist König
Ich trug zum ersten Mal in meinem Leben ein Dirndl und war auch sonst noch ziemlich grün hinter den Ohren. Aber ich lernte schnell, was einen fünf-Sterne Kundenservice auszeichnet: Der Gast ist der uneingeschränkte König. Immer. Und jeder, wirklich jeder Wunsch wird erfüllt.
3-Minuten-Wachteleier
Ein Gast bestellte morgens um 8 Uhr immer ein 3-Minuten Wachtelei für seinen Papagei (!). Eines Morgens verweigerte der Papagei das Ei. Wahrscheinlich war es 3 ¼ Minute gekocht worden und somit zu hart. Der Souschef schaute mich etwas mitleidig an, als ich es wieder in die Küche zurückbrachte. Aber ohne Murren nahm er das Ei zurück und kochte ein neues. Diesmal war alles zur vollsten Zufriedenheit des Papageis und das Ei wurde verspeist. Egal, wie schrullig die Gästewünsche sind, der Mitarbeiter, der den Wunsch entgegennimmt, ist für dessen Erledigung verantwortlich. In einem Luxushotel gibt es kein Abteilungsdenken, wie es in den meisten Unternehmen vorherrscht. Und es gibt keine Budget-Silos. Was zählt, ist die positive Kundenerfahrung. Der Gast steht immer im Mittelpunkt.
Eingeschworene Mitarbeiter
Mein Zeugnis sagt, dass ich mir praktische Kenntnisse in der internationalen Gastronomie aneignete. Bei allen Servicearten, wie à la Carte-, Bankett-, Zimmer und Frühstücksservice wurde ich eingesetzt. Frühstücksservice hieß ab 7 Uhr die Frühaufsteher zu bedienen. Nicht so einfach, wenn man die halbe Nacht feiernd mit Kollegen aus Österreich, England und den Niederlanden verbrachte. Aber wer feiern kann, kann auch arbeiten. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz und wahrscheinlich eines der Erfolgsgeheimnisse dieser servicegetriebenen Luxushochburgen: Die Mitarbeiter kommen aus aller Herren Länder, sprechen mehrere Sprachen und bilden für eine gewisse Zeit eine eingeschworene Gemeinschaft. Sie arbeiten hart für wenig Geld, feiern zusammen und sammeln die Sterne der Prestige-Häuser auf ihren Lebensläufen. Für sie ist es eine Ehre dort zu arbeiten.
Zur vollen Zufriedenheit
Laut meinem Zeugnis war ich bei den Gästen beliebt und die mir aufgetragenen Arbeiten erledigte ich „zur vollen Zufriedenheit“. Zur „vollsten Zufriedenheit“ reichte es dann doch nicht. Ich weiß auch warum. Mein misslungener Champagner-Service hatte mir wohl diese Auszeichnung verwehrt. „Champagner Service“ heißt, eine Champagner Flasche direkt am Tisch des Gastes zu öffnen. Ohne das beim Öffnen auch nur das leiseste Zischen zu hören ist. Das Herausspringen des Korkens ist ausschließlich den Auto- und Radrennfahrern zu überlassen, in ein 5-Sterne Restaurant gehört diese Unsitte nicht. Ich sehe noch heute den strengen Blick, den der Chef de Rangs mir zuwarf, weil der Korken mit einem leisen Blob die Flasche verlies.
Emotionale Bindung durch CEM
Laut Wikipedia bezeichnet Customer-Experience-Management (CEM) bzw. Kundenerfahrungsmanagement die Schaffung positiver Kundenerfahrungen zum Aufbau einer emotionalen Bindung zwischen Anwender und Anbieter. CEM hat den Anspruch, möglichst viele Wahrnehmungspunkte des Kunden einzubinden – von der Produktentwicklung über den Erstkontakt mit dem Anbieter und den eigentlichen Kauf bis hin zur Nutzung und Wartung eines Produkts.
Jeder Kundenkontakt ein Erlebnis
In der Welt der Luxushotels muss jeder Kundenkontakt sitzen. Von der Reservierung über den Empfang durch den Portier, das Einchecken an der Rezeption, die Bestellung beim Zimmerservice, der Handtuchausgabe beim Spa-Besuch, über das 5-Gänge-Menü im hoteleigenen Restaurant bis zum 3-Minuten-Wachtelei am nächsten Morgen.
Begeisterte Markenbotschafter durch grenzenlosen Kundenservice
Das vorrangige Ziel von CEM, aus zufriedenen Kunden „begeisterte Markenbotschafter“ zu machen, schaffen Luxushotels vor allem aus diesem Grund: Vom Nachtportier, über den Chef-de-Rang bis zum Zimmermädchen und Geschäftsführer, alle Mitarbeitern haben von früh bis spät nur ein Ziel vor Augen: grenzenlosen Service und damit das perfekte Kundenerlebnis.
3 Dinge, die ich aus meiner Praktikumszeit im *****-Hotel mitgenommen habe:
- Jeder Kundenwunsch wird erfüllt.
- Jeder Kundenkontakt zählt.
- Es gibt keine hierarchischen Grenzen – jeder Mitarbeiter ist in seiner Funktion und darüber hinaus für die Zufriedenheit jedes einzelnen Gastes verantwortlich.
Und zum Thema Teambuilding: Es wird hart gearbeitet, aber auch gerne zusammen gefeiert.
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