
Ende Mai wurde ich vom Private Equity Forum NRW gebeten, den Investors’ Circle am 20. Juni 2016 mit zu bewerben: Thema „Gründen Frauen anders?“. Das Private Equity Forum hat es sich zum Ziel gesetzt, Unternehmern einen Zugang zu Private Equity-Kapital zu ermöglichen. Es war das erste Mal, dass sich das Forum einem expliziten Frauenthema widmete. Ich fing also an, die Veranstaltung in meinem Netzwerk zu streuen. Außerdem nahm ich Kontakt zu Startup Inkubatoren und Förderern auf.
Es sollte explizit keine reine Frauenveranstaltung werden, doch viele Männer konnten das Thema „Frau“ nicht in den passenden Kontext einordnen und winkten ab. Ich habe dem Thema Frauen und Gründung bis dato wenig Aufmerksamkeit geschenkt und bin selber immer wieder hin- und hergerissen, ob explizite Frauenveranstaltungen notwendig und sinnvoll sind.
Mit der Gründerin von StartBoosters Güncem Campagna führte ich im Rahmen meiner PR Maßnahmen für das Event ein sehr ausführliches Gespräch. Ich gebe ihre Meinung hier wieder, weil sie aus eigener Erfahrung sehr offen und ehrlich einige Aspekte rund um Frauen und Startups in der High-Tech Branche aufgreift:
StartBoosters ist selbst in der Gründung
und bietet neben einem Mentorenprogramm für Startups und Innovationsprogrammen für den Mittelstand eine Plattform an, auf der sich beide austauschen können. Ich denke, beide Seiten können viel voneinander lernen. Wir moderieren Netzwerkevents und fördern das Startup-Denken in Unternehmen.
StartBoosters fing als SheGuides an
und wollte insbesondere Frauen bei der Gründung ihres Startups unterstützen. Schon bald aber merkten wir, dass es zu wenig Frauen mit diesem Wunsch gab. Auch stellte sich heraus, dass, sobald das Thema „Frauenförderung“ angesprochen wurde, alle anderen Themen in den Hintergrund rückten. Unsere Fachkompetenz in Technik, Business Development etc. wurde ausgeblendet und viele sahen uns ausschließlich als „Frauenförderer“.
Bei meinen Recherchen zu weiblich geführten Startups stieß ich auf das „Gründerinnen-Manifest“
Tatsächlich gibt es Gründe, die Frauen von der Startup-Gründung abhalten. Welche das sind, und wie man damit umgehen kann, finde ich sehr gut in dem Gründerinnen-Manifest zusammengefasst. Es basiert auf dem Manifest für Entrepreneurship und Innovation zur Wachstumsförderung in der EU vom September 2013. Am Ursprungsmanifest haben damals nur wenig Frauen mitgearbeitet und daher wurde es von 30 Unternehmerinnen um einige sehr praktische Punkte für Gründerinnen in der digitalen Wirtschaft ergänzt.
Ich bin Diplom-Volkswirtin, doch mein beruflicher Weg führte mich ins Marketing
Ich wollte immer wissen, wie die Wirtschaft funktioniert, daher das VWL-Studium. Im Marketing geht es auch um viele nicht-ökonomische Themen, das fand ich faszinierend. Meine Marketingkarriere begann ich als Mediaberaterin für einen türkischen Medienkonzern. Später arbeitete ich in großen Werbeagenturen für Automobilmarken wie Opel, Lexus und Jaguar. Als Handelsmarketingberaterin habe ich Händler vor Ort betreut. Insgesamt habe ich die Automobilbranche als männlich dominiert kennengelernt.
Mir ging es immer um die Inhalte
Ich habe mich von meinem männlich dominierten Umfeld nicht beeinträchtigt gefühlt. Klar gab es immer wieder mal Sprüche, aber die habe ich nicht zu ernst oder persönlich genommen und selber mit einem Spruch gekontert. Viel wichtiger war mir, als kompetente Kollegin wahrgenommen zu werden. Mit dem Thema „Frauen und Karriere“ habe ich mich schon immer auseinandergesetzt. Die Herausforderung, mehr Frauen in Chefetagen oder technische Berufe zu bringen, müssen Staat, Wirtschaft, Gesellschaft, Männer und Frauen gemeinsam lösen. Am Ende werden alle von der Gleichberechtigung und der Vielfalt profitieren. Aber an eine einfache Universallösung glaube ich nicht.
Ich bin eine leidenschaftliche Match-Makerin
Als kreativer Mensch mit hoher Eigenmotivation habe ich mich in den fest vorgegebenen Konzernstrukturen nicht wohl gefühlt. Ich bin sehr zielorientiert, das vorsichtige, politische Agieren liegt mir nicht.
Ich bin ein Gestalter, wann immer ich von einer Geschäftsidee höre, habe ich schon das Geschäftsmodell und den Marketingplan vor Augen. Besonders fasziniert mich die disruptive Kraft von digitalen Produkten. Irgendwann wurde mir klar, dass ich das beruflich machen möchte: digitale Startups beraten. Also habe ich das Angestelltendasein aufgegeben.
Ich setze bei meiner Beratung durch die StartBoosters auf ein großes Netzwerk. Ein Startup braucht Support in vielen Bereichen. Ich verbinde die richtigen Leute, damit es vorangeht. Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel hat gute Impulse für Startups gesetzt. Letzte Woche ist Düsseldorf auch zu einem der regionalen Zentren für die digitale Wirtschaft in NRW gewählt worden. Wir sind jetzt Teil der so genannten „DWNRW-Hubs“, die das Land insgesamt mit bis zu 12,5 Millionen Euro fördert. DWNRW steht für Digitale Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Ich freue mich sehr, dass ich mit meiner Arbeit einen Beitrag für die Startup-Szene in Düsseldorf leisten kann.
Warum Frauen so wenig gründen?
Ich habe mich viel mit dem Thema Gründerinnen in der digitalen Wirtschaft beschäftigt und muss folgendes feststellen:
- Frauen sind im Vergleich zu Männern risikoaverser und oft fehlt ihnen das Selbstbewusstsein, um zu sagen: „Ich mach das jetzt!“ Sie brauchen länger bis zur Gründung, ihre Unternehmen wachsen langsamer und sind kleiner.
- Während Männer die Gewinnerzielungsabsicht bei der Gründung klar vor Augen haben, gründen Frauen oft, um ihr Hobby zum Beruf zu machen oder weil sie eine soziale Idee verfolgen. Sie stellen den finanziellen Erfolg weiter hinten an.
- Frauen meinen, sie müssten sich in allen Unternehmensbereichen sehr gut auskennen und lassen sich von fehlenden technischen Kenntnissen abhalten.
Die niedrige Frauenquote in Chefetagen oder bei Startups ist kein rein weibliches Problem
In kleinen Teams, wie z. B. bei jungen Startups, zählt jeder Mitarbeiter. Dass eine Frau aufgrund von Kinderbetreuungszeiten ausfällt, stellt ein Risiko dar. Das sehen nicht nur die Teams, sondern auch die Investoren so.
Solange die Betreuungssituation in Deutschland sich nicht massiv ändert, werden Frauen mehrheitlich die Vereinbarkeitsproblematik in ihre Gründungsabsichten miteinfließen lassen müssen. Besonders dann, wenn der Mann in der Beziehung der Besserverdienende ist. Teilzeitarbeit kann eine Alternative sein. Doch sollte diese Möglichkeit immer unter Berücksichtigung der späteren Rente in Betracht gezogen werden. Altersarmut kann sonst die Folge sein.
Nicht die Hände in den Schoß legen
Ich würde mir wünschen, dass Frauen in meiner Umgebung durch mein Tun motiviert und inspiriert werden. Ich will zeigen, dass Gründen als Frau funktioniert.
Die Förderung von Frauen habe ich immer im Blick. Wenn ich einen Anstoß geben kann und dadurch eine tolle Idee realisiert wird, dann würde mich das sehr glücklich machen.
Ein paar wichtige Zahlen:
Etwa ein Drittel aller Selbständigen sind Frauen. ABER: Nur knapp 13% der Hightech-Startups haben überhaupt Frauen in ihren Gründungsmannschaften. Lediglich eines von 20 Tech-Startups wird allein von Frauen gegründet.
Liebe Güncem, vielen Dank für das Gespräch.
Hier geht es zu den StartBoosters: http://www.startboosters.de
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